Wenn Angehörige nicht vorgesehen sind
Ich begleite meinen Sohn, seit er 13 ist, seitdem er angefangen hat, Drogen zu konsumieren.
Schon damals, obwohl er noch minderjährig war, habe ich gespürt: Das Hilfesystem tut sich schwer mit Angehörigen.
Ich war nicht nur die Mutter. Ich war diejenige, die alles auffing, die nachts wach lag, die Termine machte, die Zusammenbrüche auffing und trotzdem war ich oft außen vor.
Nicht gefragt. Nicht informiert. Manchmal sogar misstrauisch beäugt.
Mit der Volljährigkeit wurde es nicht besser, eher noch schlimmer.
Schweigepflicht, Datenschutz, Systemlogik.
Was als Schutz gedacht ist, wird zur Wand. Und wir Angehörigen stehen davor. Leise. Müde. Oft ohnmächtig.
Seitdem sind viele Jahre vergangen.
Ich habe Kliniken erlebt, Entgiftungen, BeWo, Rückfälle, Haft, Forensik. Ich habe getragen, geschwiegen, gehofft, protestiert, mich zusammengerissen, weil es niemand sonst getan hätte.
Heute weiß ich: Angehörige wie ich sind im System nicht vorgesehen. Wir sind da, ja… aber nicht als Teil der Versorgung, sondern oft als Störfaktor.
Wenn wir etwas sagen, stören wir. Wenn wir nichts sagen, sind wir gleichgültig. Egal, was wir tun, es passt selten ins System.
Erst in der Selbsthilfe, in Elternkreisen habe ich erlebt, dass ich mit diesen Erfahrungen nicht allein bin. Dort wird zugehört, dort wird verstanden, dort darf man ehrlich sein.
Und genau deshalb schreibe ich hier.
Diese Seite ist meine Stimme.
Und sie ist auch eine Einladung.
An alle, die mittragen.
An alle, die übersehen werden.
An alle, die spüren, dass da was schiefläuft, aber es nie aussprechen durften.
Denn wir sind nicht das Problem. Wir könnten ein Teil der Lösung sein…. Wenn man uns lassen würde.